Mit etwas Verspätung meine ESC-Nachbetrachtung:
Meine persönlichen beiden Favoriten Portugal und Belgien sind mit Platz 12 und 19 in der absoluten Bedeutungslosigkeit des Mittelfelds gelandet.
Bei Belgien hatte ich damit ja schon gerechnet, aber dass auch der portugiesische Song so dermaßen am Geschmack des ESC-Publikums vorbeigeht, hat mich dann doch überrascht.
Was mich hingegen überhaupt nicht überrascht hat, war der Sieg von Italien: Direkt nach deren Auftritt hätte ich Wetten darauf abschließen können, dass sie gewinnen würden.
Warum? Ganz einfach deswegen, weil sie sich derart deutlich von der Masse abgehoben haben. Bei ihrem Auftritt konnte ich mir richtig bildhaft vorstellen, wie tausende TV-Zuschauer, die nach 2 Stunden Dauerberieselung mit weitgehend eintönigem musikalischen Einheitsbrei schon halb weggedöst waren, nun schlagartig wieder aufrecht auf dem Sofa sitzen. Das ist ein "Hallo Wach"-Effekt, der hängenbleibt, während die breite Masse der Beiträge schon nach kurzer Zeit wieder vergessen ist.
Auch wenn es dieses Jahr eine ganze Reihe musikalisch wirklich guter Beiträge gab (viele Kommentatoren sprachen von einem "guten Jahrgang"), so war doch die überwiegende Mehrheit austauschbarer Klangbrei von ewig gleichklingendem, belanglosem Danceflor- und Ethno-Pop. Ein schönes Sinnbild dieser Austauschbarkeit ist die Tatsache, dass ein Drittel der weiblichen Interpretinnen sogar dasselbe Outfit hatten, wie
dieses Bild sehr anschaulich zeigt.
Ein berührender Moment war für mich der Augenblick nach der Bekanntgabe, dass England neben den null Punkten in der Jurywertung auch noch null Punkte im Publikumsvoting bekommen hatte. Eine unglaublich peinliche Blamage. Doch als das Moderatorenduo dann einfach mit der Verkündigung der nächsten Länderwertung weitermachen wollte, wurden sie von einer plötzlich einsetzenden Lärmkulisse unterbrochen: Spontan erhoben sich alle anderen Interpreten im Wartebereich von ihren Plätzen, um dem englischen Interpreten James Newman zuzujubeln und ihm zu applaudieren. Es hat gefühlt eine ganz schöne Weile gedauert, bis die Moderatoren wieder zu hören waren und im Programm weitermachen konnten. Eine wirklich schöne und sportliche Geste der anderen Mitstreiter.